Wörter und Buchstaben aus Papierfasern des Buchenzellstoffs werden aus einer Bütte geschöpft und auf den Wasserspiegel im Goetheweiher aufgegautscht, auf die Blätter der Seerosen, auf schwimmende Siebe über den Algen, auf Steine, Buchenstämme und -äste am Ufer. Aufgautschen (coucher= sich hinlegen, anschmiegen; to couch; Couch; kuscheln). Aus der Natur genommenes Material wird an seinen Ursprung zurückgebracht. Das Schöpfen durch den Wasserspiegel hindurch verwandelt Fasern in Papierbögen. Le lac fait miroir; reflection. Eintauchen und Schöpfen durch die Wasseroberfläche hindurch bewirkt Transformationen in Märchen und Mythen (Eisenhans, Narziss). Die Installation »Wörtersee« mit aufgegautschten Goetheversen auf dem Goetheteich reflektiert Goethes Wanderung 1722 nach Darmstadt.
»Wörtersee – Was bedeutet die Bewegung?« (Performance)
Ilse Schröer (Tenor-Saxophon), Barbara Beisinghoff (Wörter schöpfen), Dirk Göttle (Rezitation von Gedichten) am So 29.8.04 um 14.30 Uhr und So 19.9.04 um 14 Uhr
Eintauchen und Schöpfen veranschaulichen die Bewegung von unten nach oben, loten das Verhältnis von Oberfläche und bodenloser Tiefe aus. Saxophonklänge und Verse füllen mit ihren Schallwellen die Waldlichtung über dem Goetheteich. Ein lautlos sich bewegender Kahn ist mit Wörtern übersät und transportiert eine Musikerin. Der Kahn zieht im Kielwasser Wörter hinter sich her. Der Kahn wird nicht gerudert und bewegt sich doch ans westliche Ufer. Die Musikerin bewegt das Publikum, ihr zum Goethefelsen zu folgen. Der Kreis der Empfindsamen um Caroline Flachsland hat Goethe den »Wanderer« genannt. Äste mit Worten werden vom Wörtersee zum Felsen getragen.
Barbara Beisinghoff
2002 Stadtdrucker-Preis Mainz, 1999 Kunstpreis der Heitland Foundation Celle
1997 Kulturpreis Dreieich, 1991 Internationaler Senefelder-Preis für Lithographie 1990 Kunstpreis Hameln-Pyrmont, 1988 Georg-Christoph-Lichtenberg-Preis für Bildende Kunst, Darmstadt-Dieburg
Aktuelle Ausstellung: Getauchte Zeit 1.10. – 21.11.04 in der HAB Wolfenbüttel